Mein ureigenster Hochwasserreport

Holger Steiniger

Mein ureigenster Hochwasserreport:


Regen, Regen, Regen und kein Ende. Die Elster führte schon ab Donnerstag, den 30.06.2013 viel Wasser, der Parkplatz am Greizer Elsterufer war längst gesperrt wurden. Am Freitagabend saß ich gerade in der Mitgliederversammlung des Fördervereins „Talsperre Zeulenroda erleben“ e.V., als der erste Anruf von einem Klienten kam. Er fragte, ob denn sein Wohnhaus auch die Elementradeckung (Schutz gegen Erdbeben, Bodensenkung, Hochwasser, Rückstau, Schneedruck und Lawinenabgang) hat. Das war am 31.05.2013 – 21.30 Uhr. Nach Ende der Veranstaltung fuhr ich gleich zu meinen Klienten und klärte das vor Ort ab – ja er war ausreichend versichert. Gleichzeitig machte ich mir vor Ort auf der Bruno-Bernger-Strasse in Greiz ein eigenes Bild vom Stand der Dinge – mittlerweile war es 23.00 Uhr. Zu diesen Zeitpunkt verhinderten bereits Barrikaden aus Sandsäcke das Austreten es Wassers auf die Bundestrasse und es fehlte nicht viel zum überschwappen.

Am Samstag, den 01.Juni 2013, hatten wir von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr zu unserem Kindertagsfest ins Bürgerbüro auf den Greizer Markt geladen. Die Hüpfburg mussten wir leider streichen – es regnete immer noch. Trotzdem feierten wir mit basteln, Märchen vorlesen, schminken, Trickfilmen und das alles bei Kaffe, Kuchen und herzhaften Brötchen ein schönes Kinderfest. Die Stadt, auch die Strassen direkt an der Elster waren zu diesem Zeitpunkt noch ohne Gummistiefel passierbar aber die Elster führt bedrohlich viel Wasser. Auch war es noch ruhig in der Stadt, keiner bereitete sich auf eine mögliche Überschwemmung vor. Warum auch, es gab zu diesen Zeitpunkt auch keinerlei Warnung.

Am Sonntagmorgen, den 02.06.2013 liefen dann gegen 10.00 Uhr auf mein Handy die ersten Aufrufe via Facebook ein, dass die Helfer dringend verpflegt werden müssten. Also schmierte ich schnell paar Salami- und Leberwurstbrote, nahmen paar Äpfel und Aprikosen und fuhr zusammen mit meinem Sohn Tom John in die Stadt.

Da war schon ab der Tannendorfbrücke gesperrt. Da wir aber den Polizisten überzeugen konnten, dass wir nur Verpflegung bringen wollten, wurden wir durch gelassen. Wir brachten das Essen zu den Feuerwehrleuten auf der Bruno-Bergner-Strasse, in den Schlossgarten und zum Elstersteig. Hier waren die Kameraden aus Kurtschau, die mir erzählten, dass sie verärgert seien, dass nichts richtig funktioniere.

Nach dem Plündern des heimischen Tiefkühlschrankens brachten wir unsere nächste Verpflegungsportion mit Broten und Wienern gegen Mittag gleich zum Feuerwehrstützpunkt, wo Helfer der Bürgerinitiative „Weil wir Greiz lieben“ (BI) nun die Verpflegung angefangen hatten zu organisieren.

Am Sonntagabend berichtete das Fernsehen über das Hochwasser, und das die Pegel immer noch steigen würden. Da hielt es mich dann nicht mehr zu hause – Tatort musste halt mal ausfallen. Ich fuhr zum Feuerwehrstützpunkt und fragte, wo ich helfen kann. Danken lehnte man meine Hilfe ab, es wären genügend Helfer vorhanden.

Also schaute ich noch mal in die Stadt und musste sehen, dass die Straßen an der Elster bereit geflutet waren. Alles war abgesperrt, keiner kam mehr rein. Anschließend ging ich wieder zur Feuerwehr, nahm mir ne Schaufel, die da stand und half gemeinsam mit Sebastian und Sascha einfach mit Sandsäcke zu füllen. Montagfrüh, den 03.06.2013, gegen 1.30 Uhr hieß es dann, genug Sandsäcke fühlt, Brücke Hainberg gesichert. Also fuhr ich zum Schlafen nach hause. Als gegen 6.00 Uhr der Wecker klingelte, verabredete ich mit meiner Frau, das sie zu hause bleibt, sich um die Kinder kümmert und fuhr wieder in die Stadt zum Feuerwehrstützpunkt.

Weiter ging es mit Sandsäcke füllen, gemeinsam mit den Mitarbeitern von Hausmeisterdienst Wolf – Jarno und Mario. Mit dem Multicar fuhren wir die Säcke zum Gartenweg, wo es darum ging, die Hochwasserschutzmauer der Elster weiter zu erhöhen, um das überschwappen zu verhindern.

Bis gegen 10 00 Uhr konnte ich hier mit helfen, dann musste ich in´s Büro, um die Schäden auf zu nehmen, die nun von meinen Klienten angezeigt wurden, da meine Mitarbeiter auf Grund gesperrter Strasse auch nicht nach Greiz ran kamen.

Dienstag, den 04.06.2013 floss das Wasser dann langsam wieder ab und in der Brückenstrasse, der Bruno-Bergner-Strasse und der Carolinenstrasse – um nur die wichtigsten Strassen zu nennen – wurden die wahren Ausmaße der Flut sichtbar.

Nachdem ich Dienstagabend zwecks Schadensaufnahme mir dort ein Bild machen konnte, stand fest, das jetzt jede Hand beim Aufräumen gebraucht wird.

Mittwochfrüh, den 05.06.2013 ab 7.30 stand ich dann mit im NKD und half, die durchnässten und schlammigen Artikel zu bergen. Gegen 9.00 Uhr kam der Anruf von Alice Becher, ob die Greizer BI nicht unser Bürgerbüro auf dem Markt nutzen könnte, um dort den Verpflegungsstützpunkt für die Helfer einzurichten. Nach Rücksprache mit Christian Wächter wurde alles Diesbezügliche in die Wege geleitet und sofort auch von mir Geld gespendet, um das Zubehör einzukaufen. Ab 10.00 Uhr war Christian zu stelle und bereitete mit Alice, Genossin Ingrid Hoffmann und Schülerinnen des Gymnasiums die Mittagsversorgung vor. Diese wurde kostenlos verteilt und danken angenommen.

Weil das so gut geklappt hatte, wurde gleiches am Donnerstag, den 6.06.2013 ab 11.00 Uhr praktiziert. Hier hatten Frau Marina Högger und Frau … von der Greizer BI Suppe gekocht, die im nu vergriffen war. Also wurde gleich noch einmal eingekauft und weitere zwei große Kessel leckere kraftvolle Suppe zubereitet. Christian, Alice und ich übernahmen die Verteilung in der Brückenstrasse.

Für Freitag, den 07.06.2013 konnte dann Gen Wolf Reineck gewonnen werden, der sich ab 11.30 mit dem Rost hinstellte, und über 100 Roster für die Helfer grillte. Frau Högger und Frau … hatte Spagetti Bolognese gekocht, was gerade bei den vielen jugendlichen Helfern sehr gut ankam. Natürlich gab es jeden Tag auch Obst, Süßes Getränke und ausreichend Kaffe. Am Freitag halfen Gen Helgard und Karlheinz Gothe, Alice, Frau Silke Dathe und ich mit bei der Verteilung der Verpflegung an die vielen Fleißigen. Vom Ehepaar Gothe wurde auch gleich ein Betrag für die Verpflegung gespendet. Und immer wieder bekamen wir zu hören, das das, was die Linke zusammen mit der Greizer Bürgerinitiative macht, ganz große Klasse ist.


Der Alltag kehrt langsam wieder ein bei uns, in anderen Landesteilen kämpft man aktuell noch mit der Flut.

Und trotzdem bleiben viel Fragen, wie es zu so einer Katastrophe kommen konnte:

  • Warum hat man so lange tatenlos zugesehen, trotz schlechter Wetterprognosen

  • Seit Freitag tagte der Krisenstab, warum wurde bis Sonntag (der Katastrophenalarm wurde Sonntag, 14.00 Uhr ausgelöst) kaum was unternommen.

  • Warum wurde niemand rechtzeitig gewarnt bzw. die Anwohner informiert (beim Sommerpallee hat man bereits Freitag angefangen, Dinge in Sicherheit zu bringen)

  • Warum wurden bei der letzten Kreistagssitzung im April beim Nachtragshaushalt 2012/2013 des Landkreises 142 000 € beim Katastrophenschutz gestrichen (Begründung von Frau Schweinsburg: Wir müssen keine Technik anschaffen, die sich dann nur kaputt steht)

  • Wie wurde im Vorfeld an den Talsperren gearbeitet, um rechtzeitig genügend Wasser abzulassen.

  • Trotz all der Ereignisse will der Bürgermeister von Greiz daran festhalten, ein neue Turnhalle in ein Gebiet zu errichten, was komplett unter Wasser stand – Wieso wacht man nicht endlich auf in Greiz und kann hier das Land nicht eingreifen?

  • Warum hat die Versorgung der Feuerwehren in der Helfer anfangs nicht funktioniert

Wieso, Weshalb, Warum – viele Fragen, die nach Antworten suchen und wo es erlaubt sein muss, diese Fragen zu stellen.

Aus meinem eigenen erlebten kann ich nur sagen, Hut ab vor der Leistung der vielen Feuerwerkammeraden, der unzähligen freiwilligen Helfern, der bis zur Erschöpfung arbeitenden Anwohner und Betroffenen. Diese Leistungen werden in die Geschichte der Stadt eingehen, aber auch das teilweise Versagen der Verantwortlichen.


Holger Steiniger